Samstag, 21. März 2015

Fairtrade-Themenreise durch England: Teil 7

Alle zwei Wochen berichtet Lara Render von den Erfahrungen während ihrer Fairtrade-Themenreise durch England. Alle Reiseberichte finden Sie hier.

London


Mein letztes großes Reiseziel ist London. Für die größte Stadt Englands hatte ich jedoch nur 3 Tage Zeit, da ich zu Beginn keine kostenlose Unterkunft finden konnte und ich mir einen längeren Aufenthalt in einem Hostel nicht hätte leisten können. Erst einen Tag bevor ich mir ein Zimmer in London buchen wollte und den Rest meiner Reise geplant hatte, erhielt ich von Joe eine Mail, dass ich bei ihm übernachten könnte.

Joe ist also mein Gastgeber in London, und er lebt zusammen mit seiner Freundin und einer weiteren Mitbewohnerin in Forest Hill, am Rande der Stadt. Da ein dritter Mitbewohner gerade ausgezogen war, konnte ich in dessen Zimmer wohnen.

Anders als erwartet, war es erstaunlich schwer in London Leute zu treffen, die Experten im Gebiet des fairen Handels sind. Nachdem ich an die lokale Fairtrade-Gruppe geschrieben und keine Antwort erhalten hatte, war ich sehr froh, als es mir gelang, ein Gespräch mit Shana zu vereinbaren. Sie kümmert sich am Institute of Education der University of London um Themen der Nachhaltigkeit.

Den fairen Handel selbst kennt sie erst seit einigen Jahren, und an der Universität, so erklärt sie mir, gibt es auch keine Arbeitsgruppe zu diesem Thema. Dies führt sie darauf zurück, dass das Studium sehr zeitintensiv ist und Studenten so kaum die Möglichkeit haben, außerhalb des Studiums an der Universität aktiv zu sein. Was mich sehr gefreut hat ist, dass sie nach meinem Besuch auf Facebook gepostet hat, dass mein Gespräch sie zum Nachdenken angeregt hat. Dabei ist sie sich der bisherigen Erfolge im Kampf für mehr Nachhaltigkeit an der Uni bewusst geworden, aber sie hat auch den langen Weg, der noch vor uns allen liegt, vor Augen.

Ein weiterer Anlaufpunkt in London war für mich die Zentrale von Divine Chocolate. Bereits in Liverpool hatte ich von der Firma gehört. Sie besteht sozusagen aus zwei Teilen. Zum Einen aus dem westlichen (dem britischen und dem amerikanischen) und zum anderem aus dem ghanaischen.

Um mehr über die Firma und ihren Aufbau herauszufinden, beschloss ich, in London einfach mal in der Zentrale vorbeizuschauen – und tatsächlich: ich hatte Glück. Eine Mitarbeiterin machte mir die Tür auf und beantwortete mir alle meine Fragen zum Aufbau und der Struktur der Firma.

Ich erfuhr, dass die ghanaische Kuapa Kokoo Kooperative zu 45% Anteilseigner von Divine ist, während die anderen 55% von mehreren westlichen Firmen und Hilfsorganisationen gehalten werden. Desweiteren sitzen zwei Vertreter der Kupa Kokoo Kooperative auch im Vorstand von Divine und können so auf wichtige Entscheidungen Einfluss nehmen. Die Vertreter werden demokratisch von allen Mitgliedern der Kooperative gewählt. Die Bauern der Kooperative erhalten nicht nur einen fairen Lohn, sondern auch eine Sozialprämie. Mit dem Geld der Sozialprämie gelang es der Kooperative bereits, sieben Schulen zu bauen. Über Divine gibt es noch viel mehr spannende Dinge zu erzählen, dies würde jedoch den Rahmen sprengen, und deshalb möchte ich nur noch eine Sache anführen:

Als ich von Divine hörte, fragte ich mich, warum ich diese Schokolade noch nie in Deutschland gesehen hatte. Als ich nachfragte, erfuhr ich, dass die Firma in England keine Schokoladenfabrik gefunden hatte, die die Kakaobohnen zu Schokolade verarbeiten würde. Deshalb wird die Schokolade in Deutschland bei Weinrich produziert. Weinrich produziert jedoch auch die GEPA-Schokolade und so wurde die Vereinbarung getroffen, dass Weinrich die Schokolade für Divine produziert, Divine im Gegenzug jedoch nicht auf den deutschen Markt gehen würde.

Nach meiner Zeit in London ist mein Urlaub auch schon vorbei. Ich nehme wieder den Bus zurück nach Hause, und während der langen Busfahrt gehen mir viele Gedanken durch den Kopf. Ich habe in den letzten vier Wochen viele tolle Menschen kennengelernt, viel über den fairen Handel erfahren und möchte eigentlich noch gar nicht zurück.

Ich weiß nun, dass ich so schnell wie möglich mein eigenes Projekt starten möchte und dass es sich weiter lohnt, für den fairen Handel zu kämpfen. Außerdem habe ich gelernt, dass es sich lohnt seinen Atem lang zu halten, denn bis man alle Menschen für den fairen Handel gewonnen hat, werden wohl noch viele Jahre vergehen, wenn es jemals geschieht. Man sollte in kleinen Schritten denken und sich über die Erfolge, die man bisher erzielt hat, freuen.