Samstag, 21. Februar 2015

Fairtrade-Themenreise durch England: Teil 5

Alle zwei Wochen berichtet Lara Render von den Erfahrungen während ihrer Fairtrade-Themenreise durch England. Alle bisher erschienenen Reiseberichte finden Sie hier.

Raus aus der Stadt, rauf aufs Land!


Als ich auf der Willowford Farm ankam, blieb mir erst mal der Atem weg: Das Grundstück war so weitläufig und groß, dass ich total erstaunt war.

Nachdem ich mein Zimmer, eigentlich das Zimmer der kleinen Tochter Anna – aber diese schläft lieber noch bei den Eltern – bezogen hatte, ging es auch schon los. Denn wie ich erfuhr, haben Lauren und Liam den lokalen Pub gekauft und renoviert, und müssen dort nun oft arbeiten.

Da es abends immer recht voll ist, haben die beiden mich gefragt, ob ich mitkommen und auf Anna aufpassen könnte. Das habe ich gerne gemacht, allerdings war es zu Beginn schwerer als gedacht, denn Anna hängt sehr an ihren Eltern, und wirklich helfen konnte ich erst, als Anna schlief, denn dann blieb sie bei mir, und Lauren und Liam konnten ungestört arbeiten. Nach einigen Stunden im Pub haben wir dann alle zusammen Risotto gegessen. Danach ging es zurück ins Bett.

So ähnlich verliefen die ganzen ersten Tage. Zwischendurch habe ich aber immer wieder viel über den fairen Handel gelernt, denn während des Frühstücks und oft auch abends habe ich mich mit Lauren über den fairen Handel unterhalten. Ich erfuhr, dass ihre Mutter sich auch schon immer sehr für solche Themen interessiert hat und Lauren daher sehr früh mit ihnen in Kontakt kam.

Wir unterhalten uns besonders viel über das Thema, neue Unterstützer und Käufer zu gewinnen. Lauren selbst hat wirklich alle Produkte, die man fair gehandelt kaufen kann, von Handtüchern bis zu Gewürzen – wirklich alles. Aber ich erzähle ihr von unserer Arbeit in der Fairtrade-Gruppe in der Schule und davon wie schwer es uns teilweise fiel, Leute vom Kauf von fairen Produkten zu überzeugen. Ich erkläre ihr, dass wir oft das Argument benutzen, dass das Einkaufen fairer Produkte letztlich immer auch einem selbst zu Gute kommt und hier wiederspricht sie mir heftig. Sie erklärt mir, dass man hier ehrlicher sein sollte und die Menschen mit den Argumenten überzeugen soll, die wirklich greifen. Klar hilft man indirekt immer sich selbst, aber darum geht es nicht beim fairen Handel. Die Leute, die die Produkte kaufen, sollten sich der Bedeutung bewusst sein. Schließlich geht es beim fairen Handel genau darum: Jeder sollte wissen, wo seine Produkte herkommen, wofür die Erlöse genutzt werden und worum es den Firmen, die die Produkte produzieren, geht.

Wir diskutieren auch darüber, ob es gut ist, dass Firmen wie Nestlé Fairtrade-Produkte verkaufen. Schließlich steigt das Angebot an fair gehandelten Produkten und die Bauern, die faire Produkte produzieren, haben mehr Abnehmer, aber wenn die fairen Produkte nur zur Aufwertung der Marke genutzt werden und an anderen Stellen weiter ausgebeutet wird, ist das eigentliche Ziel um Längen verfehlt.

An dieser Stelle erreicht man einen kritischen Punkt. Die Frage ob es besser ist, viele Anhänger zu haben, die aber nicht richtig hinter der fairen Philosophie stehen, oder wenige, die dafür aber wirklich vom fairen Handel überzeugt sind, ist schwer zu beantworten.

Neben den vielen Gesprächen erlebe ich aber auch noch andere schöne Dinge: Einen Tag fahre ich nach Hexham, einen kleinen Ort im Norden Englands, der sehr gemütlich und übersichtlich ist. Hin fahre ich mit dem Bus, der mich zwei Stunden an einer unglaublich schönen Landschaft vorbeiführt – und wieder bin ich erstaunt darüber, wie schön England doch ist. Zurück werde ich aber abgeholt, und zwar von Lauren, Anna und einem französischen Mädchen, das für die nächsten Wochen auf Williowford ist. Sie war im Frühjahr schon mal für zwei Monate da und hat bei der Aufzucht der Lämmer mitgeholfen. In den nächsten Tagen erkunde ich gemeinsam mit ihr die Farm und die Umgebung näher.

Einen Tag wollen wir gemeinsam einen Wanderweg ablaufen, aber leider verlieren wir uns und landen auf irgendwelchen Schleichwegen, bevor wir schließlich einen kleinen und sehr schönen Weg, der uns über einen Bach führt, entdecken. Einen anderen Tag nutzen wir, um das Gelände der Farm selbst besser kennen zu lernen. Wir laufen ans Ende der Wiesen und entdecken einen anderen kleinen Bach, der von Bäumen bedeckt ist und durch den wir in Gummistiefeln mit den Hunden an unserer Seite waten. Ich komme mir vor wie in einem Film, so schön spiegelt sich die Sonne im Wasser und so froh sind die Hunde, die das Wasser genießen.

Als ich Willowford verlassen muss, bin ich traurig und verspreche mir selbst bald wieder zu kommen und im Bed&Breakfast für einige Tage Urlaub zu machen.

Mein nächstes Ziel:
Oxford

Der nächste Artikel zu meiner Fairtrade-Reise durch England erscheint am 7. März hier auf http://www.fairtrade-duesseldorf.de/.